Geschichte der U-Bahn-Planung und des U-Bahn-Baus in München
Ab 1905 gab es Pläne, eine unterirdische Gleistrasse in etwa auf der Trasse der heutigen Stammstrecke der S-Bahn zwischen Haupt- und Ostbahnhof sowie eine Ringbahn, die die Altstadt umrundet, zu bauen. Da diese Planungen für das damalige Verkehrsaufkommen aber deutlich überdimensioniert waren, gerieten sie wieder in Vergessenheit. Das Straßenbahnnetz konnte die Verkehrsströme in der damaligen Halbmillionenstadt noch abdecken. Ab 1910 verband die nur 450 m lange, automatisierte Post-U-Bahn München den Hauptbahnhof mit dem Bahnpostamt an der Hopfenstraße. Sie diente nur dem Transport von Briefpost. Der Tunnel bestand aus vorgefertigten Betonteilen, die ein Einsickern von Grundwasser verhinderten. Er verlief 6,8 Meter unter dem Straßenniveau, war 2,3 Meter breit und 1,2 Meter hoch.
1928 gab es erneut Pläne, die Straßenbahnen in München durch ein U-Bahn-Netz zu ersetzen, jedoch vereitelte die Weltwirtschaftskrise alle Pläne. Es sollte ein Netz von fünf U-Bahn-Strecken, die mit der heutigen Streckenverteilung einige Gemeinsamkeiten hatten, verwirklicht werden.
In der Zeit des Nationalsozialismus plante man ab 1936 ein Netz elektrischer unterirdischer Bahnen für die „Hauptstadt der Bewegung“ und es wurde auch schon mit dem Bau begonnen, doch der Zweite Weltkrieg setzte dem ein Ende. Der Tunnel der heutigen U6 zwischen Sendlinger Tor und Goetheplatz – einschließlich des dortigen Bahnhofs – wurde bereits im Rohbau fertiggestellt, allerdings noch als Teil einer S-Bahn-Trasse. So erklärt sich auch die relative Großzügigkeit des Goetheplatzes (insbesondere im Sperrengeschoss Eingang Goetheplatz passt die Architektur nicht zur heutigen Nutzung) und die Enge des jetzigen Umsteigebahnhofs Sendlinger Tor auf dem Bahnsteig der U3/U6 (s. unten „Planungen nach dem Zweiten Weltkrieg“: Kreuzungspunkt der Linien C und D).
In der Lindwurmstraße erfolgte am 22. Mai 1938 der erste Spatenstich für diesen Tunnel, der den Anfang vom Ende der Trambahn einläuten sollte. Bis 1941 war der Rohbau fertiggestellt, erste Triebwagen sollten im selben Jahr geliefert werden. Die kriegsbedingte Verknappung der Ressourcen führte zur Einstellung dieser Arbeiten. Der Rohbau diente während des Krieges als Luftschutzkeller, wovon heute noch Beschriftungen an den Tunnelwänden zeugen.
Teile des Tunnels wurden nach dem Krieg mit Trümmerschutt verfüllt, andere dienten noch eine Weile als Zuchtstätte für Pilze, ehe eindringendes Grundwasser das kurze Stück früher U-Bahn-Geschichte unbenutzbar machte.
Schon kurz nach dem Krieg gab es in der Stadtverwaltung München Stimmen, die sich für die Planung eines Schnellbahnsystems in München starkmachten, jedoch begann erst 1953 mit der Bildung der „Studiengesellschaft für den Bau einer Münchner Hoch- und Untergrundbahn“ eine neue Planungsphase. Zunächst war es jedoch vordringlich, dass das Straßenbahnnetz wieder instand gesetzt wurde, so dass kein Geld für eine U-Bahn vorhanden war. Die Planungen für eine U-Bahn in München dümpelten dahin, während der Verkehrsraum für den Oberflächenverkehr immer mehr ausgelastet war und die Straßenbahnen in der Innenstadt immer häufiger im Verkehrsgetümmel stecken blieben. Die Durchschnittsgeschwindigkeit der Trambahnen lag teilweise bei nur noch 4–13 km/h, zwischen Karlsplatz und Marienplatz verkehrten pro Stunde 62 Straßenbahnzüge. Der starke Bevölkerungsanstieg um jährlich etwa 50.000 Einwohner in den späten 1950er Jahren – 1958 zählte München bereits eine Million Einwohner – und die zunehmende Motorisierung trugen ihren Teil zum Verkehrschaos bei.
Da ich viel Zeit in den Archiven der Stadt und des Staates verbringe, stoße ich dort oft mehr oder minder absichtlich auf Dokumente, die unsere Geschichtsschreibung etwas in anderem Licht erscheinen lassen.
Nach meinen Recherchen ist der nebenstehende Plan von 1895 die erste Erwähnung einer U-Bahn vom Hauptbahnhof zum Ostbahnhof (hellblau eingezeichnet) und interessanterweise auch in Richtung Moosach. Diese Planung entstand bei der gleichzeitigen Planung des Eisenbahn-Nordrings. Die weiteren Planungen für Trambahn und Eisenbahn kann man auch gut ablesen.
Karte der Verkehrsplanung aus der Jahr 1895 für die Stadt München
© Sammlung Stadtarchiv München
© Sammlung Stadtarchiv München
Zudem gab es einen Streit darüber, ob auf der Ost-West-Trasse zwischen dem Ostbahnhof und dem Hauptbahnhof die S-Bahn oder die Tiefbahn verkehren sollte. Erst 1963 gab es eine Einigung, die „klassische Trasse“ wurde der S-Bahn zugeschlagen. Auch war lange Zeit strittig, ob sich die Nord-Süd-U-Bahn mit der S-Bahn am Stachus, also dem modernen verkehrlichen Zentrum der Stadt, oder am Marienplatz, dem historischen Zentrum, treffen sollten. Die Wahl fiel schließlich auf den Marienplatz, um in der Stadtgestaltung der kommenden Jahrzehnte eine Fokussierung auf das historische Zentrum vornehmen zu können.
Mitte der 1950er Jahre sah die Arbeitsgemeinschaft für die Verkehrsplanung München vier Durchmesserlinien (Bezeichnung A, B, C, D) vor, welche die Stadt in acht Sektoren aufteilt und wesentliche Elemente des heutigen Liniennetzes enthält.
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Linie „A“ (Ost-West-Linie): Pasing – Laim – Westend – Stachus (Umstieg in Linie „B“) – Marienplatz (Umstieg in Linie „C“) – Ostbahnhof – Berg-am-Laim;
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Linie „B“: Moosach – Gern – Rotkreuzplatz – Stiglmaierplatz – Stachus (Umstieg in Linie „A“) – Odeonsplatz – Max-Weber-Platz – Bogenhausen – Zamdorf – Riem;
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Linie „C“ (Nord-Süd-Linie): Freimann – Münchner-Freiheit – Marienplatz (Umstieg in Linie „A“) – Goetheplatz (bereits 1938–1941 erbauter Umsteigebahnhof zur Linie „D“) – Harras – Waldfriedhof;
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Linie „D“ (weitere Nord-Süd-Linie): Siedlung am Hart – Scheidplatz – Elisabethplatz – Hauptbahnhof – Goetheplatz (Umstieg in Linie „C“) – Giesing.
Modell der Unterpflaster-Straßenbahn-Planung: Schnitt durch den Stachus mit 3 Auto-Ebenen und 2 Trambahn-Ebenen
© Archiv FMTM e.V.
© Archiv FMTM e.V.
© Archiv FMTM e.V.
Verschiedene Planungsszenarien wurden zwischen 1955 und 1959 ausgearbeitet, unter anderem auch für eine Unterpflasterbahn, bei der die Straßenbahnlinien weitgehend erhalten bleiben sollten, jedoch mit einer unterirdischen Streckenführung in der Innenstadt. Am 15. Dezember 1959 beschloss der Stadtrat dieses U-Straßenbahn-Netz, das mit Tunnelanlagen über insgesamt 17 km Länge in den kommenden Jahren die Straßenbahn in der Innenstadt sukzessive ablösen sollte, während in den Außenbezirken weiterhin auf bestehenden oberirdischen Trassen gefahren werden sollte, ähnlich dem Stadtbahnkonzept.
Unterpflaster-Strassenbahn-Plan von 1956: die Straßenbahnen tauschen zum Stachus hin ab in den Untergrund und unter der Dachauerstraße Südseite Bahnhof eine Wendeschleife.
© Sammlung Stadtarchiv München
Verkehrsentwicklungsplan der Stadt München 1959
1963 billigte der Stadtrat ferner einen Gesamtverkehrsplan, der neben dem Bau der V-Bahn (heute S-Bahn-Stammstrecke) vier unterirdische Tunnelstrecken in der Innenstadt mit insgesamt 35 km Länge vorsah, die erst ab 1990 zur eigentlichen U-Bahn ausgebaut werden sollten. Bis dahin sollte der Betrieb mit Straßenbahnwagen durchgeführt werden. 1963 gründeten der Freistaat Bayern, die Landeshauptstadt München und die Deutsche Bundesbahn eine GbR mit dem Ziel, eine Bau- und Finanzierungsgesellschaft für die U-Bahn zu gründen, einen Finanzplan zu erstellen, die Bundesregierung als Partner für das Vorhaben zu gewinnen sowie die U-Bahn gemeinsam zu planen.
Am 15. Januar 1964 wurde das Amt zur Förderung des Baues unterirdischer Massenverkehrsanlagen, das direkt dem Oberbürgermeister unterstand, gegründet und schon zwei Jahre später in ein städtisches Referat umgewandelt. Ebenfalls 1964 entschied man sich, die Linie 6 zwischen Harras und Freimann sofort als U-Bahn zu bauen und überprüfte auch nochmals das Konzept der anderen Strecken. Der zunehmende Autoverkehr in der Stadt zwang schließlich zur Verabschiedung des ersten U-Bahn-Liniennetzes am 16. Juni 1965 durch den Münchner Stadtrat. Der Planungsentwurf sah noch vier Stammstrecken vor, die sich in den Außenbezirken aufspalten sollten. Auch weite Teile des Netzes stimmten noch nicht mit dem heute tatsächlich verwirklichten Netz überein. Die damals geplanten Linien:
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U1: Moosach Bf – (Dachauer Str.) – Hbf – Goetheplatz – Kolumbusplatz – Giesing Bf – Neuperlach Zentrum
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U2: Amalienburgstr. – Rotkreuzplatz – Hbf – Goetheplatz – Kolumbusplatz – KH Harlaching – Großhesseloher Brücke
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U3: Heidemannstr. – Scheidplatz – Münchener Freiheit – Marienplatz – Goetheplatz – Fürstenrieder Str. – Blumenau
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U4: Pasing – Laimer Pl. – Heimeranplatz – Hbf – Theatinerstr. (Marienplatz Nord) – Max-Weber-Pl. – Arabellapark – St. Emmeram
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U5: Pasing – wie U4 – Max-Weber-Pl. – Leuchtenbergring – St.-Veit-Str. – Waldtrudering
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U6: Kieferngarten – Münchner Freiheit – Marienplatz – Goetheplatz – Harras – Waldfriedhof – Großhadern
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U8: Hasenbergl – Am Hart – Scheidplatz – Theresienstr. – Karlsplatz (Stachus) – Sendlinger Tor (4. Stammstrecke) – Kapuzinerstr. (Kreuzungsbf mit U1/2) – Thalkirchen – Aidenbachstr. – Fürstenried West
Pläne für eine Ringlinie der U-Bahn wurden zwar bald verworfen, da hierzu das tangentiale Fahrgastaufkommen zu niedrig war, jedoch nahm man beim Bau der S-Bahn-Stammstrecke am Bahnhof Rosenheimer Platz darauf Rücksicht, dass hier nicht die Möglichkeit eines Kreuzungsbahnhofes verbaut werden sollte. Heute nimmt die Tram die meisten tangentialen Verkehrsströme auf, vom Konzept einer Ring-U-Bahn hat man sich verabschiedet.
Sammlung Reinhold Kocaurek
Seltenes Bilddokument eines Rundgangs 1965 durch den Vorkriegs-Bahnhof Goetheplatz Blickrichtung Süd.
Der Bau der Münchner U-Bahn begann ebenfalls am 1. Februar 1965 mit dem ersten Spatenstich durch den Bayerischer Ministerpräsidenten Alfons Goppel sowie den Münchner Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel auf der Baustelle des U-Bahnhofs am Nordfriedhof, der damals noch den Namen „Schenkendorfstraße“ erhalten sollte. Die erste 13,2 Kilometer lange U-Bahn-Strecke zwischen Kieferngarten und Harras mit zwölf unterirdischen und drei oberirdischen Bahnhöfen sollte 1974 fertiggestellt werden.
© Reinhold Kocaurek
© Reinhold Kocaurek
U-Bahnbau in Schwabing: der erste Bauabschnitt führte über die Ungererstraße in offener Bauweise zur Münchner Freiheit. Das waren Baustellen in einem Ausmaß, das heute nicht mehr vorstellbar ist.
© Reinhold Kocaurek
Der Streckenabschnitt Bonner Platz - Münchner Freiheit der U3 wurde mit einem Maulwurf gegraben, das Bild zeigt den Startschacht an der Leopold/Karl-Theodor-Straße.
Der Streckenabschnitt Leopold- /Ludwigstraße wurde in offener Bauweise ausgeführt und zu jeder Zeit wurde der Trambahnverkehr aufrechterhalten.
© Bundesarchiv
© Archiv FMTM e.V.
Seltener Blick in die Schildvortrieb-Baustelle des U-Bahnhofs Bonner Platz.
© Archiv FMTM e.V.
Großbaustelle Marienplatz: hier wurden regelrechte unterirdische Kathedralen in kürzester Zeit erschaffen.
© Archiv FMTM e.V.
Die Brückebaustelle über die Heidemannstraße zum Bahnhof Kieferngarten.
Der Scheidplatz 1968 als
Großbaustelle für den U-Bahnhof.
© Archiv FMTM e.V.
Kaum wiederzuerkennen: Baustelle Bahnhof Studentenstadt.
U-Bahnbaustelle Nordfriedhof (damals noch Schenkendorfstraße). Gut zu erkennen an der Absenkung im Vordergrund für die Unterführung des Mittleren Rings an dieser Stelle.
Ein echter Hingucker für Baustellen-Kibitze war immer der spektakuläre Transport des "Maulwurfs" durch München.
© Archiv FMTM e.V.
© Archiv FMTM e.V.
© Archiv FMTM e.V.
Der Plan für den neuen U-Bahnhof Universität
Die Vergabe der Olympischen Sommerspiele 1972 nach München am 26. April 1966 beschleunigte die Realisierung der U-Bahn-Pläne. In kürzester Zeit musste ein leistungsfähiges Verkehrsnetz aufgebaut werden. Der Stadtrat änderte durch seinen Beschluss vom 16. Juni 1966 die bisherigen Planungen und räumte der U-Bahn-Strecke zum Olympiagelände den Vorrang ein, so dass hier die Bauarbeiten bereits am 10. Mai 1967 begannen. Der Bau eines 2,7 Kilometer langen Abschnittes mit den U-Bahnhöfen Implerstraße und Harras wurde dagegen zurückgestellt.
© Archiv FMTM e.V.
Sammlung Joseph Beienz
Seltener Blick unter die Erde im Jahr 1970: der U-Bahnhof Marienplatz kurz vor der Fertigstellung.
Sammlung Joseph Beienz
Der Blick von den Abstellgleisen des Sendlingertors in Richtung Süden zu den Bahnsteigen kurz vor der Fertigstellung.
Bereits im Sommer 1967 konnten die ersten Tests mit den gelieferten Prototypen der U-Bahn-Wagen auf die Strecke zwischen Alte Heide und Studentenstadt fahren. Werkstattarbeiten wurden provisorisch im Abstellgleis nördlich des U-Bahnhofs Alte Heide ausgeführt. Die drei Prototypen der künftigen Fahrzeuge drehten ihre ersten Runden noch in einem Straßenbahnbetriebshof, ehe sie 1967 endlich auf U-Bahn-Gleise gestellt werden konnten. 1969 konnte bereits die Strecke bis zum Betriebshof Nord in Fröttmaning befahren werden. Südlich des Bahnhofs Freimann wurde auch ein Gleisanschluss zum Netz der Deutschen Bundesbahn gebaut, über die alle künftigen U-Bahn-Fahrzeuge angeliefert werden konnten.
© 1971 Reinhold Kocaurek
Am 19. Oktober 1971 – rund drei Jahre früher als zunächst geplant – startete auf der 10,5 Kilometer langen Strecke zwischen Kieferngarten und Goetheplatz der Fahrgastbetrieb der ersten Münchner U-Bahn-Linie U6. Damit war der Anfang für das dritte U-Bahn-Netz Deutschlands nach Berlin (seit 18. Februar 1902) und Hamburg (seit 15. Februar 1912) gemacht. Die U-Bahn Nürnberg war allerdings nahezu zeitgleich zu München beschlossen worden, und bereits in Bau (Inbetriebnahme 1. März 1972), wobei man sich sehr nahe an das für München vorgesehene System hielt. Dadurch wurde es möglich, dass München und Nürnberg sich in den Anfangsjahren immer wieder gegenseitig Fahrzeuge bei eigener Wagenknappheit "ausliehen". Spätere, für den jeweils individuellen Bedarf vorgenommene Umbauten verhindern inzwischen aber einen weiteren reibungslosen Austausch von Fahrzeugen.
Sammlung Reinhold Kocaurek
Am 8. Mai 1972 wurde der vier Kilometer lange Abzweig Münchner Freiheit – Olympiazentrum („Olympialinie“) zum Olympiapark eröffnet und von der zweiten Münchener U-Bahn-Linie U3 (ebenfalls ab Goetheplatz) bedient. In Verbindung mit der S-Bahn, die zehn Tage zuvor ihren Betrieb aufgenommen hatte, war München für den Besucherandrang anlässlich der Olympischen Spiele gerüstet. Vom 26. August bis zum 11. September 1972 verkehrte die Linie U3 stets im 5-Minuten-Takt, bei größeren olympischen Veranstaltungen sogar alle 2½ Minuten. In 17 Tagen wurden etwa vier Millionen Besucher befördert. Für den verstärkten Betrieb wurden von der VAG aus Nürnberg vier DT1-Züge ausgeliehen, die zu den Münchner Wagen vom Typ A weitestgehend baugleich waren.
Sammlung Joseph Beienz
© Reinhold Kocaurek
© Reinhold Kocaurek
U-Bahn-Baustelle in der Implerstraße für die Verlängerung der Strecke über den Goetheplatz hinaus zum Harras.
Am 22. November 1975 wurde die Verlängerung der Linien U3 und U6 vom Goetheplatz nach Harras dem Verkehr übergeben. Ein im U-Bahnhof Implerstraße gebautes drittes Gleis konnte 14 Jahre nicht genutzt werden. Diese Bauvorleistung wird erst seit 1989 benötigt, um die über einen eigenen südlichen Ast der Linie U3 verkehrenden Züge auf die gemeinsame Strecke von U3 und U6 zu führen. Vorbereitet wurde auch der Abzweig eines Verbindungstunnels zur geplanten dritten Stammstrecke (heute U4/U5).
Ausschnitt aus der Zeitschrift "Information" für die Mitarbeiter der Stadtwerke/Verkehrsbetriebe Ausgabe 1975/03
Am 28. Mai 1978 wurde auf dem Streckenabschnitt zwischen Goetheplatz und Implerstraße der nachträglich gebaute Bahnhof Poccistraße eröffnet. Sein Bau verzögerte sich aufgrund einer geplanten Stadtautobahn, die schließlich doch nicht gebaut wurde und musste unter laufendem Betrieb der Linien U3 und U6 erfolgen, weshalb der Bahnhof stark von den tragenden Säulen geprägt ist.
© Sammlung Stadtarchiv München
Überschrift 2
Am 7. Oktober 1970 fiel der Entschluss, nur drei statt vier Stammstrecken durch das Zentrum zu bauen und in jeder Stammstrecke zwei Linienäste aus den Außenbezirken zu bündeln. Die Gründe waren einerseits die hohen Kosten der unterirdischen Bauwerke in der eng bebauten historischen Innenstadt, andererseits eine bessere Netzwirkung durch weniger Umsteigeverbindungen. Auch sollte eine Übererschließung durch zu viele Strecken vermieden werden. Die Verringerung der Anzahl an Stammstrecken erhöhte nach einer Studie des U-Bahn-Referates die Wirtschaftlichkeit der Strecken stark, auch die Umsteigebeziehungen in der Innenstadt konnten durch Bündelung entlastet werden. Etwa eine halbe Milliarde DM sollte damit eingespart werden.
Das damals geplante Liniennetz ist in seinen Grundzügen in den folgenden zwei Jahrzehnten komplett verwirklicht worden, lediglich in den Außenbezirken gab es Änderungen. Der Kern des Netzes war ein innerstädtisches Dreieck aus Hauptbahnhof, Odeonsplatz und Sendlinger Tor, das an den erwähnten, sowie an den eingeschlossenen Bahnhöfen Karlsplatz (Stachus) sowie Marienplatz, optimale Umsteigebeziehungen zwischen allen Linien und der S-Bahn-Stammstrecke ermöglichen sollte. Die Kernziele wurden damals in drei Mittelfristprogrammen festgelegt, die im Jahre 2006 nahezu erfüllt waren.
Die Planung des U-Bahn-Ausbaus nach dem Stadtratsbeschluß vom 24.4.1978
Schon seit Anfang der 1970er Jahre wurde aber auch an anderen Stellen der Innenstadt und darüber hinaus gebaut. Der Bahnhofplatz war jahrelang eine Großbaustelle, da hier ein vierstöckiges Kreuzungsbauwerk der S-Bahn-Stammstrecke, der U8/U1-Stammstrecke (heute U1/U2) sowie der zukünftigen U5/U9-Stammstrecke (heute U4/U5) entstand. Die Breite und Tiefe des Bauwerks machten hier eine Schlitzwand-Deckelbauweise erforderlich, bei der zuerst die Seitenwände und der Deckel des Bauwerks erstellt werden und erst danach die einzelnen Etagen von oben nach unten. Zwischen Scheidplatz, wo die neue Strecke in die Olympialinie einfädelte (sich mittlerweile mit ihr kreuzt), und der neuen Großsiedlung in Neuperlach wühlten sich die Baumaschinen über Hauptbahnhof, Sendlinger Tor, Giesing und Michaelibad schließlich bis Neuperlach Süd, wo eine zweite große Abstellanlage entstand.
© Archiv FMTM e.V.
Die U-Bahn-Abstellanlage in Neuperlach wird 1977 gebaut.
© Archiv FMTM e.V.
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Der Rohbau 1977 des Tunnelendes in Neuperlach.
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Auch in Giesing gab es 1975 große U-Bahn-Baustellen.
Am 18. Oktober 1980 wurde dieser Abschnitt eröffnet, er ist mit etwa 16 km der bisher längste in einem Stück eröffnete Abschnitt der Münchner U-Bahn. Die Anbindung der neuen Großsiedlung in Neuperlach mit der U-Bahn war nicht unumstritten, die Deutsche Bundesbahn favorisierte eine Anbindung durch ihre S-Bahn-Tunnelstrecke, weswegen sogar eine Aufweitung des Tunnels für eine spätere Einfädelung dieser Strecke zwischen Rosenheimer Platz und Ostbahnhof mitgebaut wurde. Dieser Streit, der schließlich zugunsten der U-Bahn ausging, verzögerte die Planung und die Bauarbeiten zur zweiten U-Bahn-Stammstrecke um mehrere Jahre und ermöglichte erst 1980 eine Eröffnung. Zur Internationalen Gartenbauausstellung 1983 im Westpark wurden am 16. April 1983 die U3 und U6 um drei Bahnhöfe bis Holzapfelkreuth verlängert („Blumenlinie“), nur wenige Wochen später am 28. Mai ging der Abzweig der U1 zum Rotkreuzplatz in Betrieb.
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Im Jahr 1980 wurde in der Nymphenburgerstraße für die U-Bahn gegraben.
Mit gut 40 km und zwei Stammstrecken mit insgesamt vier Linien waren nur zwölf Jahre nach Betriebsaufnahme die Innenstadt und einzelne Außenbezirke schon gut erschlossen, dennoch ging der Ausbau weiter.,,Schon am 10. März 1984 wurde das erste Teilstück der U5/U9-Stammstrecke (heute U4/U5) von der Westendstraße bis zum Karlsplatz (Stachus) eröffnet. Da sonst keine Verbindung zum restlichen Netz und vor allem zur Technischen Basis in Fröttmaning bestand, wurde unter der Theresienwiese ein Tunnel mit einer zweigleisigen Abstellanlage gebaut, der die Stummelstrecke mit dem Bahnhof Implerstraße und damit dem Restnetz verbindet. Fahrten mit Fahrgästen fanden auf diesem Abschnitt bisher nur als Baustellenumleitungen statt.
Baustelle U-Bahnhof Heimeranplatz
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Die U5 wuchs rasch, am 1. März 1986 wurde mit dem Odeonsplatz auch die Stammstrecke der U3 und U6 erreicht, am 24. März 1988 wurde die Linie im Westen um zwei Bahnhöfe bis zum Laimer Platz verlängert. Am 27. Oktober desselben Jahres eröffnete man schließlich die beiden Linienäste über Max-Weber-Platz zum Innsbrucker Ring bzw. zum Arabellapark. Die U5 teilte sich von nun an bis 1999 die Strecke nach Neuperlach Süd mit der U2. Diese Eröffnung sollte für die U4 und U5 bis heute die letzte sein. Erweiterungen sind im Westen nach Pasing beziehungsweise in die Blumenau angedacht, im Osten soll die U4 bis Englschalking verlängert werden. Beide Baumaßnahmen sind angesichts der engen Haushaltslage und des vergleichsweise geringen Nutzens aber mittelfristig nicht zu erwarten. Die Relation Pasing–Hauptbahnhof wird außerdem bereits von vier S-Bahn-Linien und einer Straßenbahnlinie bedient.
Etwa ein Jahr später, am 27. Oktober 1989, wurde der Südast der U3 von der Implerstraße bis zur Forstenrieder Allee eröffnet, die U6 bediente den Abschnitt bis Holzapfelkreuth nun alleine. Am 1. Juni 1991 folgte die Verlängerung bis Fürstenried West, wo auch heute der südliche Endpunkt der U3 ist.
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Der U-Bahnhof Garching-Hochbrück in Bau. Noch stehen Prellböcke an der Stelle, wo es später nach Garching-Forschungszentrum weitergeht
1993 wurden die beiden Hauptlinien U2 und U6 verlängert: Seit 22. Mai fährt die U6 im Süden bis zu ihrem aktuellen Endpunkt am Klinikum Großhadern, seit 20. November zweigte die U2 am Scheidplatz ab und fand an der Dülferstraße ihre vorläufige Endstation. Die U6 wurde schon am 30. Juni 1994 abermals verlängert, dieses Mal im Norden um eine Station nach Fröttmaning. Der Bahnhof erschließt kein Wohngebiet, sondern entstand neben der Technischen Basis, wo ein großes Park-and-Ride-Parkhaus Autofahrer dazu bewegen soll, nicht über die Autobahn A 9 in die Innenstadt zu fahren, sondern hier in die U-Bahn umzusteigen. Zwischen 2002 und 2005 wurde an seiner Stelle allerdings bereits ein neuer, nun viergleisiger Bahnhof errichtet und der alte abgerissen, um die Allianz Arena besser erschließen zu können. Außerdem wurden die Abfahrten vieler internationaler Omnibuslinien aus der Innenstadt hierher verlegt.,,Da nördlich der Nachbargemeinde Garching seit den 1980er Jahren eine Konzentration von Forschungsinstituten geplant war, gab es seither auch Pläne, die U6 bis dorthin zu verlängern. In einem ersten Schritt fuhr die U6 erstmals am 28. Oktober 1995 bis Garching-Hochbrück, die erste und bisher einzige Strecke, die die Stadtgrenze überquert. Die weitere Strecke bis Garching Forschungszentrum wurde im Oktober 2006 eröffnet.
Es gibt ein kurzes Filmschnipsel von der Eröffnung der U6 bis Grosshadern
© Archiv FMTM e.V.
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Der U-Bahnhof Westfriedhof 1995 in Bau: es gab eine kleine Schmalspurbahn, die den Schildvortrieb mit der Aussenwelt verband.
Am 26. Oktober 1996 wurde die U2 im Norden um zwei Bahnhöfe bis zum S-Bahnhof Feldmoching verlängert, am 9. November 1997 folgte der südliche Ast der U1 bis zum Mangfallplatz. Ein halbes Jahr später, am 23. Mai 1998, wurde auch der Nordast der U1 um zwei Bahnhöfe bis zum Westfriedhof verlängert. Bei diesen sowie auch bei den meisten Eröffnungen seit Anfang der 1990er Jahre hatte sich das U-Bahn-Referat verstärkt auch um die Gestaltung der Bahnhöfe Gedanken gemacht und jeden Bahnhof mit einem eigenen Charakter versehen bzw. versehen lassen. So spiegelt zum Beispiel die Wandverkleidung im Bahnhof Feldmoching das dörfliche Leben dort wider, die Bahnhöfe Dülferstraße und Candidplatz sind farbenfroher als die meisten anderen Bahnhöfe.
© Archiv FMTM e.V.
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U-Bahn-Baustelle 1992 des Bahnhofs Feldmoching.
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Die U-Bahn hat das Hasenbergl erreicht: der U-Bahnhof Hasenbergl 1992 in Bau.
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Der U-Bahnhof Dülferstraße während der Bauzeit 1990.
Tief in unserer Filmkiste haben wir einen Film zur Eröffnung der U-Bahn zum Hasenbergl gefunden.
Mit diesen Netzerweiterungen einher ging die Stilllegung zahlreicher Tramstrecken, darunter des gesamten Südwest-Netzes und der stadtbahnartig ausgebauten Trasse ins Hasenbergl. Bis in die 1980er Jahre hinein herrschte in der Politik noch die Absicht vor, das Trambahnnetz komplett durch U-Bahnen zu ersetzen, erst Anfang der 1990er Jahre setzte hier ein Umdenken ein. Dies verhalf der Trambahn zu einer Renaissance, als Ergänzung zur U-Bahn.
Am 29. Mai 1999 wurde wieder ein Linienast eröffnet, als die U2 ab Innsbrucker Ring über Trudering bis zur Neuen Messe in Riem verlängert wurde. Die Bauarbeiten für diesen knapp 8 km langen Abschnitt hatten sich 1994 durch einen schweren Unfall in Trudering verzögert. Dort war ein Linienbus in einen Stollen des künftigen U-Bahnhofs eingebrochen, mehrere Fahrgäste fanden im Krater den Tod. Dieser Zwischenfall verlängerte die Bauzeit und erhöhte die Baukosten für diese Strecke signifikant, so dass zur Eröffnung des neuen Messegeländes nur ein massiver Bus-Pendelverkehr als ÖPNV-Anbindung angeboten wurde. Um die Baukosten in Grenzen zu halten, wurden die Bahnhöfe im Stil „veredelter Rohbau“ realisiert.
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Die Verlängerung der U6 nach Garching Forschungszentrum zum 14. Oktober 2006 band die Stadt Garching sowie die Hochschul- und Forschungsinstitute im Forschungsgelände Garching verkehrstechnisch deutlich besser an, als es die vorherige Bus-Anbindung ab Ismaning beziehungsweise Garching-Hochbrück zuließ. Diese Verlängerung wurde notwendig, da sich in den letzten Jahrzehnten immer mehr Institute im Forschungsgelände ansiedelten, darunter besonders viele der TU München. Inzwischen arbeiten hier mehr als 10.000 Studenten und Angestellte, sodass die Erschließung mittels Bus- und Individualverkehr an ihre Kapazitätsgrenzen stieß.,,Direkt nach dem Bahnhof Garching-Hochbrück beginnt die Tunnelrampe unter der Stadt Garching, wo in 17 Metern Tiefe in bergmännischer Bauweise zwei mit Querschlägen verbundene Bahnsteige gebaut wurden, ähnlich wie in Trudering. Nach dem Stadtgebiet taucht die Strecke nach ca. drei Kilometern wieder aus dem Untergrund auf und führt bis kurz vor dem unterirdischen Bahnhof Forschungsgelände ca. 1000 Meter weit oberirdisch über Felder. Unter Garching selbst sowie unter dem Forschungsgelände wurden die Gleise in elastisch gelagerten Gleiströgen verlegt, um Anwohner und empfindliche Messeinrichtungen in den Instituten nicht durch Erschütterungen zu beeinträchtigen. Im Abschnitt zwischen Hochbrück und Garching wurden Unterschottermatten verwendet, die nur eine geringere Dämpfung ermöglichen. Der oberirdische Abschnitt hat keine Dämpfung.,
Die Aktivitäten der Abteilung U-Bahn-Bau des Baureferats konzentrierten sich nun auf den Stadtteil Moosach: hier sollten sowohl die U3 als auch die U1 noch weiter verlängert werden. Den Anfang machte die Verlängerung der U1 zum Georg-Brauchle-Ring am 18. Oktober 2003, ein Jahr später am 31. Oktober 2004 erreichte sie schließlich das Olympia-Einkaufszentrum (OEZ), wo darunter der Kreuzungsbahnhof der U3 bereits im Rohbau fertiggestellt war. Die U3 führte seit dem 28. Oktober 2007 bis zum Olympia-Einkaufszentrum, seit dem 11. Dezember 2010 führt sie bis zum S-Bahnhof Moosach.
Tunnel zum U-Bahnhof Moosach im Jahr 2005: auch dieser Streckenabschnitt wurde im Schildvortrieb erstellt.
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Der U-Bahnhof Moosach selbst wurde in Schlitzwandtechnik erstellt (2005).
Die lange Verzögerung der Strecken nach Moosach rührt daher, dass lange Uneinigkeit darüber herrschte, ob die U1 oder die U3 zum Moosacher Bahnhof führen sollte. Auch die Streckenführung und die Lage der Bahnhöfe führten zu vielen Diskussionen, die erst spät ausgeräumt werden konnten. Der Kreuzungsbahnhof am Olympia-Einkaufszentrum war die teuerste vorgeschlagene Lösung, aber auch die mit dem größten verkehrlichen Nutzen.
Mittelfristig dürften noch einige Linienverlängerungen um einzelne Bahnhöfe zu erwarten sein, die meisten Linien müssten dazu allerdings die Stadtgrenze überqueren und weiter ins Umland vordringen.
© Archiv u-bahn-muenchen.de
Diese Artikel entstand mit großer Hilfe der U-Bahn-Freunde, von denen wir auch das eine oder andere Bild veröffentlichen. Die restliche Bildunterstützung kommt aus unserem Bildarchiv von Klaus Onnich.
Mehr zur U-Bahn in München unter
Nochmal ein tiefer Griff in die Filmkiste: Ein Dokumentarfilm des U-Bahn-Referats 1965 über die Planung und den Baubeginn der U-Bahn für München.